Silber


Genre: Jugendliteratur, Fantasy

Autor/in: Kerstin Gier

FJB. ab ca. 18,99 Euro


Band 1: Das erste Buch der Träume

 

Finde die Tür deiner Träume

Öffne Sie

Betrete den Korridor

"dream a little dream"

 

 

 

Geheimnisvolle Türen mit Eidechsenknäufen, sprechende Steinfiguren und ein wild gewordenes Kindermädchen mit einem Beil … Liv Silbers Träume sind in der letzten Zeit ziemlich unheimlich. Besonders einer von ihnen beschäftigt sie sehr. In diesem Traum war sie auf einem Friedhof, bei Nacht, und hat vier Jungs bei einem düsteren magischen Ritual beobachtet. Zumindest die Jungs stellen aber eine ganz reale Verbindung zu Livs Leben dar, denn Grayson und seine drei besten Freunde gibt es wirklich. Seit kurzem geht Liv auf dieselbe Schule wie die vier. Eigentlich sind sie ganz nett. Wirklich unheimlich – noch viel unheimlicher als jeder Friedhof bei Nacht – ist jedoch, dass die Jungs Dinge über sie wissen, die sie tagsüber nie preisgegeben hat – wohl aber im Traum. Kann das wirklich sein? Wie sie das hinbekommen, ist ihr absolut rätselhaft, aber einem guten Rätsel konnte Liv noch nie widerstehen …

  

Ich sag es gleich bevor es auffällig wird: Ich liebe die Schreibweise von Kerstin Gier. Türen, durch die es zu gehen gilt, Welten, die es zu erkunden gibt, Möglichkeiten, die grenzenlos sind. In diesen Büchern, in diesen Träumen ist alles möglich. Die Schreibweise ist so lebendig und natürlich, dass ein Abtauchen in die Welt von Liv Silber so leicht ist wie einschlafen. Obwohl an einem realen Ort (London) spielend und so gesehen nicht direkt mit der Traumwelt in Zusammenhang stehend fühlt man sich doch irgendwie in eine andere Hemisphäre versetzt welche einen, einmal betreten, nicht mehr so einfach gehen lässt.

  

Silber steckt voller Spannung, Mystik, Geheimnissen aber vor allem Charme und Witz. Kerstin Gier versteht sich meisterlich darauf ihren Schreibstil optimal an ihre eigentlich (in diesem Fall jugendliche) Zielgruppe anzupassen, was ihr aber, was ich ja definitiv bestätige kann, auch bei etwas Älteren mühelos gelingt. Liv Silber ist ein absolut authentischer Charakter, der keine Denkweisen und Probleme so mancher pubertierender Mädchen verschleiert. Im Gegenteil, er macht diese greifbar und verständlich, obwohl ihr Leben wahrscheinlich bisher wohl eher anders verlief, als beim überwiegenden Großteil der Leserschaft. Liv und ihre kleine Schwester Mia, nach einem unbeständigen Leben auf einmal sesshaft, einen neuen „Stiefvater (Mister Öde = Ernest Spencer) und Geschwister (Florence, die Nervige und Grayson, Livs Eintrittskarte in die Welt der Träume)“ + „Zahnarzt“ vorgesetzt und in einer High-School mit merkwürdigen „Freundinnen“ beschenkt, da bleibt ein Gefühlschaos nicht aus. Auch die anderen Charaktere holen einen völlig ab. Henry, Jasper, Arthur, ein bunter Mix aus Schuljungs, die wohl unterschiedlicher nicht sein könnten. Bei so komplexen Charakteren freue ich mich sehr auf die weitere Entfaltung ihrer Persönlichkeiten.

 

Auch das Cover ist einfach genial. Verspielt, aber nicht aufdringlich, farblich wunderbar abgestimmt und inhaltlich absolut zutreffend. Das macht in jedem Bücherregal etwas her.

 

„dream a little dream“ Silber, die perfekte Mischung aus Real-Life und Fantasie (Wobei Fantasie ja immer grenzenlos ausgebaut werden kann) mit dem Anstoß irgendwie die eigenen Tür zu unseren Träumen zu finden. Auftrag angenommen.   


Band 2: Das zweite Buch der Träume 

Liv ist erschüttert: Secrecy kennt ihre intimsten Geheimnisse. Woher? Und was verbirgt Henry vor ihr? Welche düstere Gestalt treibt nachts in den endlosen Korridoren der Traumwelt ihr Unwesen? Und warum beginnt ihre Schwester Mia plötzlich mit dem Schlafwandeln? Albträume, mysteriöse Begegnungen und wilde Verfolgungsjagden tragen nicht gerade zu einem erholsamen Schlaf bei, dabei muss Liv Silber sich doch auch schon tagsüber mit der Problematik einer frischgebackenen Patchwork-Familie samt intriganter Großmutter herumschlagen. Und dann ist da ja auch noch die Tatsache, dass es einige Menschen gibt, die noch eine Rechnung mit ihr offen haben.


Genauso spannend wie im ersten Teil startet man in das zweite Buch der Träume. Geradeso ist Liv vor Anabel Scott mit dem Leben davon gekommen und schon sieht sie sich mit neuen Problemen konfrontiert. Zwar steckt jetzt eines ihrer Probleme in der psychiatrischen Anstalt, doch dieser Teil beschäftigt sich dafür intensiver mit der Beziehung der Protagonistin mit Henry Harper und wie schwierig zwischenmenschlicher Kontakt doch sein kann. Erneut fantastisch beschrieben und sowohl mit einem romantischen wie auch reellen Auge durchleuchtet, gepaart mit Livs doch teils schon witziger, theatralischer Ader vielleicht nicht immer absolut nachvollziehbar, aber das musste es ja dann schlussendlich auch gar nicht sein. Leider war ich dann aber doch ab und an von dem ein oder anderen Protagonisten etwas genervt, was sich aber zum Glück recht schnell wieder gelegt hat und es meistens bei einem Augenverdrehen geblieben ist. Mehr verwundert als überrascht hat mich aber die Tatsache, dass sich die Personen (v.a. natürlich Liv) natürlich auch mal streiten oder Meinungsverschiedenheiten haben, aber der erwartete große Knall blieb bisher jedes Mal aus. Was für den Protagonisten doch immer recht glimpflich abläuft war also für mich als Leser dann teilweise doch recht verwirrend. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke hat eigentlich niemand einen herausstechenden, besonders aufbrausenden Charakter - außer das Bocker. Zickig und mitunter gemein, aber niemand sonst hat einen wirklich cholerischen Ansatz.


Die Traumsequenzen haben mir sehr gut gefallen. Jaguar oder Leopard? Oder doch lieber ein Lufthauch? Kann man in seinen Träumen, oder in den Träumen anderer, fremdgehen? Und dann ist da ja noch plötzlich Senator Tod Nord, der nicht nur einen besonders merkwürdigen Namen sondern ein noch merkwürdigeres Verhalten an den Tag legt. Livs Entdeckungen und auch ihre persönlichen Entwicklung empfand ich als richtig gut gelungen.   

Das Cover mag ich auch wieder sehr gerne, wenn auch nicht so sehr wie das des ersten Buches dafür wirkt es aber weniger hektisch. Zum Inhalt passt es alle mal.


Für alle, die bereits das erste Buch gemocht haben, eine meiner Meinung nach gelungene Fortsetzung die nur minimal an Spannung eingebüßt hat. Also schnell aufschlagen. Dream on.